Einsprache | ab 2017
Rehaggrube – Naturschutzgebiet oder Deponiestandort?
In der Rehhaggrube wurde über viele Jahrzehnte Ton abgebaut und gebrannt, und weil die stillgelegten Bereiche auf dem Grubenareal nicht aufgefüllt wurden, bildeten sich mit der Zeit immer neue und grössere wilde Lebensräume und es entstand sogar ein kleiner See. Bereits 1992 verlangte darum eine Petition, dass die Grube zu einen Naturschutzgebiet gemacht werde. Diese Bitte fand kein Gehör.
2002 bewilligten die Bernerinnen und Berner in einer Abstimmung eine erneute Erweiterung des Abbaugebiets und parallel dazu eine „Rekultivierung“ des bereits ausgebeuteten Areals, aber immerhin inklusive Ausscheidung von 25 Prozent dieser Fläche als Naturschutzgebiet.
Was sie nicht wussten: Bereits vor dem Abstimmungswochenende hatten die Besitzer den Betrieb eingestellt, wegen eines Defekts am Brennofen. Damit waren die eben aktualisierten Vorgaben bereits wieder überholt, und ein paar Monate später forderten Vorstösse im Stadtrat erneut eine Überführung des Grubenareals in ein Naturschutzgebiet.
Aber Stadt und Kanton hatten andere Pläne: Die Grube sollte als Deponie genutzt und dann „rekultiviert“ und „aufgewertet“ werden.
Untätige Naturschutzorganisationen
Naturschutzorganisationen, die an der erneut anlaufenden Planung beratend mitwirkten, agierten hilflos (oder naiv?) und stimmten dem Vorhaben zu. Die Zuschüttung der Grube zu hinterfragen fiel ihnen offenbar nicht ein, obwohl sie inzwischen zum Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung erklärt worden war. Aber erst einmal passierte nach dieser Planung zehn Jahre lang nichts, wahrscheinlich, weil sich die Stadt und die Grubenbesitzer nicht über den Planungsmehrwert einig wurden. 2014 schliesslich kam dann eine überarbeitete Überbauungsordnung und eine Änderung des Zonenplans in die Mitwirkung.
Einmaliger Lebensraum für Pflanzen und Tiere
Am westlichen Rand der Stadt gelegen, war die Grube den meisten Bernerinnen und Bernern nicht bekannt, es war ihnen entgangen, dass dort über die Jahre einer der wertvollsten und reichsten Lebensräume auf Gemeindegebiet entstanden war und dass die Eidgenossenschaft sie zu einem Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung erklärt hatte.
Und so waren es, wie schon in den vergangenen Jahren, vor allem Organisationen aus Bern West, die sich in der Mitwirkung erneut gegen eine Deponie und für den Erhalt der Grube als Naturschutzgebiet aussprachen. Nach der Mitwirkung passierte erst einmal wieder: Nichts. Und wieder wurde gemutmasst, dass die Grubenbesitzer und die Stadt um den Planungsmehrwert rangen.
Einsprachen und städtische Abstimmung
Im März 2017 wurde die Planung schliesslich öffentlich aufgelegt, mit einer wie üblich vier Wochen dauernden Frist für Einsprachen. Eine der grossen Naturschutzorganisationen bekam die Auflage und damit die Einsprachemöglichkeit gar nicht mit, die andere verzichtete bewusst darauf, sich damit zu befassen, wohl auch, weil sie stark in die früheren Planungen eingebunden gewesen war.
Eine stark in Bern West verankerte Partei und Bern bleibt grün setzten sich mit einer Einsprache ein weiteres Mal dafür ein, dass dieser für die Region Bern einmalige Lebensraum nicht zerstört wird. Verhandlungen zwischen der Gemeinde und Bern bleibt grün brachten keine Einigung, und im Juni 2018 stimmte die Stimmbevölkerung der Planung Rehhag und damit dem Auffüllen der Grube zu, mit einem für Berner Verhältnisse mageren Ja-Anteil von 60 Prozent für ein Vorhaben des rotgrünen Parlaments und der rotgrünen Regierung. – Ein Achtungserfolg für das Abstimmungskomitee „Naturschutz statt Bauschutt“, bei dem natürlich auch Bern bleibt grün dabei war, das sich mit grossem Einsatz, aber bescheidenen Mitteln, für die Grube eingesetzt hatte. Der Stadtkreis 6, also Bern West, lehnte die Auffüllung der Grube ab.
Aber mit dieser Abstimmung war natürlich unsere Einsprache nicht vom Tisch. Sie ist immer noch hängig und das Schicksal der Grube damit immer noch offen.
Die Argumente unserer Einsprache drehen sich im Wesentlichen darum, dass im Fall hier der Natur- und Artenschutz den anderen ins Spiel gebrachten Interessen vorgeht, weil sehr grosse Naturwerte auf dem Spiel stehen. Allein, dass die Grube als Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung festgelegt ist, macht ihre Bedeutung klar. Eine 2017 auf eigene Rechnung veranlasste Kartierung der Vögel und einiger Gruppen von Insekten durch einen Spezialisten („Faunistische Aufnahme in der Grube der ehemaligen Ziegelei Rehhag in Bern“ – Bericht Rösti) hatte den Wert der Grube als Lebensraum für zum Teil bedrohte Tierarten zusätzlich untermauert.
Ungenügender Umweltverträglichkeitsbericht
Das Gesetz verpflichtet die Bauherrschaft bei Planungen dieser Art dazu, vorgängig einen umfangreichen Umweltverträglichkeitsbericht zu erarbeiten, in dem unter anderem die Lebensräume und die darin vorgefundenen Organismen erfasst sind und die Massnahmen aufgezeigt werden, um sie zu erhalten respektive für sie einen Ersatzlebensraum zu schaffen. Während in unserem Bericht 30 Tagfalterarten aufgeführt sind, unter ihnen seltene und gefährdete, liest man im Rehhag-Umweltbericht der Bauherrschaft zu den Tagfaltern nur die folgenden paar Zeilen: „Nebst mobilen Wanderarten kommen in der Rehhaggrube aufgrund der Bestandesaufnahmen von Carron (1999) [!!!] nur drei sich reproduzierende Arten vor. Sie sind allgemein verbreitet und nicht gefährdet.“ Es sieht also danach aus, als ob die Stadt und der Kanton einen Umweltverträglichkeitsbericht akzeptiert hätte, ohne ihn genau zu prüfen.
Aktuell stehen wir im Verfahren im Schriftwechsel, es sieht leider danach aus, dass wir die Einsprache vor Gericht bringen müssen.